WALDECKISCHE LANDESZEITUNG
Susanne Koheil

Heinz Rudolf Kunze heizte in der Wohrastadt tüchtig ein

1000 Fans bei der Rocknacht mit „Brille

17. April 1991

GEMÜNDEN. Kleine bunte Brillen-Projektionen jagen über den Vorhang, den plötzlich ein fetziger Gitarrengriff zu Boden reißt. Und dann steht er da: Heinz Rudolf Kunze. Mit schwarzer Sonnenbrille und kariertem Sakko begrüßte er am Samstag abend rund 1000 Fans in der Sport- und Kulturhalle Gemünden


Zweieinhalb Stunden spielte Kunze mit seiner zehnköpfigen Band ein überwiegend rockiges Programm mit allem» was dazugehört. Nebelschwaden hüllen die Musiker ein, „Doktor, Doktor, einer von uns beiden", Singt Kun£e beschwörend. Und schon liefert sich seine Mund-harmdfiika mit einem der Gitarristen ein kleines Duell.

Mit den treibenden Rhythmen von „Da faß'.' und „Kriegstanz" heizt die Band dem Publikum richtig ein. Nach vierzig Minuten, schließlich leisere Töne: „Ich hab's versucht, Gott weiß, ich hab's versucht." Mit heftigem Trampeln auf den Hallenboden machen die Fans ihrer Begeisterung, Luft Dann plötzlich wieder eine dieser Brillen im Hintergrund, diesmal riesig groß und blau. Es ist Zeit für sehr persönliche Bekenntnisse des Rockmusikers. v

„Brille", das ist er selbst. Das ist auch-das Motto der Tour. Dieses Markenzeichen sitzt fest auf seiner Nase, den ganzen Abend lang. Mit „Brille“, dem Titelsong seiner neuen Platte erzählt der Deutschrocker seine eigene Biographie.
Wie er sich als kleiner Junge, als „Brillenschlange", gegen die anderen Kinder durchsetzen mußte. Oft war das nicht leicht, aber „Brille" war entschlossen den anderen zu zeigen, wo's langgeht.

„Du bist besser dran als der Rest", singt er heute. Er hat seinen Weg gefunden. Und der führte auf die Rock’n'-Roll-Bühne. Kunze schreibt inzwischen nicht nur für sich selbst. Auch für den Musikerkollegen und Freund Herman van Veen komponiert und textet er. „Gute Unterhaltung" ist das. Bei Kunzes Musik „trifft den Bundesadler sicher nicht der Schlag".

Musikalisch gibt es für die Band „kein Problem". Man hört deutlich die Wurzeln, Einflüsse der Rolling Stones und der Dire Straits. Aber auch folkige Klänge gehören zum Repertoire. Da greift auch -schon mal einer der Saxophonisten ausnahmsweise selbst zur Gitarre. „Er hat im . Bus und im Hotel so lange geübt, bis er die Griffe konnte."

Man sieht der Band die Spielfreude an. Die Bläser schnippen den Rhythmus mit und legen ein kleines Tänzchen hin. Man weiß nie, wer im nächsten Augenblick welches Instrument in der Hand hält. Nicht nur Heinz Rudolf Kunze jongliert gekonnt zwischen Flügel, Gitarre und Mundharmonika hin und her. Auch seine Band kann da mühelos mithalteü.

„Gestern war's gut. Mal seh«?n Wie's heute wird", meinte der Rockmusiker vor dem Konzert - und hinterher wären sich alle einig: Es war auch in Gemünden gut.



Susanne Koheil